ASTRA gibt Nachhaltigkeitsbeurteilung zum Rheintunnel nicht heraus

2024-11

In der heissen Abstimmungsphase zur Autobahnfinanzierung hält das Bundesamt für Strassen (ASTRA) wichtige Dokumente zurück und kommt damit seiner Informationspflicht gemäss Öffentlichkeitsgesetz nicht nach. Stattdessen hat es ein offensichtlich veraltetes Dokument zur Verfügung gestellt.

Aus dem Schlussbericht des ASTRAs zum Strategischen Entwicklungsprogramm Nationalstrassen (STEP-NS 2022 Schlussbericht vom 1.12.2022) gehen Projektbeurteilungen zu den geplanten Nationalstrassenausbauten hervor. Mit dem Rheintunnel wird z.B. die «Entlastung untergeordnetes Netz» negativ bewertet, ebenso wie die «Auswirkungen auf den ÖV». Der Ausbauschritt Hagnau-Augst schneidet bei der Beurteilung «Lebensräume und Gewässer» maximal schlecht ab, bei «Klimabelastung» mit einer -12 (von -15).

Wie diese und ca. 40 weitere Indikatoren im Detail beurteilt wurden, war Gegenstand einer Anfrage gemäss Öffentlichkeitsgesetz beim ASTRA. Es hat innerhalb 20 Arbeitstage die entsprechenden Informationen bereit zu stellen. Die Unterlagen hätten damit spätestens am Montag vor der Abstimmung vom 24.11.2024 zur Verfügung gestellt werden müssen, hätten also in der heissen Abstimmungsphase noch eine Rolle spielen können.

Statt die Unterlagen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen, verschickte die Behörde erst eine Projektbeurteilung zum Rheintunnel mit einem veralteten Tool (Stand 2010 statt 2022). Dann hielt es das aktuelle Tool weiter zurück, «denn das angesprochene Tool ist sehr komplex und umfangreich», so das ASTRA, und stellte auf mehrfache Nachfrage Tage nach Ablauf der Frist einen Auszug lediglich zu drei Indikatoren zu.

Zum weiteren Verlauf orientiere ich auf dieser Seite.

Hintergrund: Für die Umsetzung von milliardenschweren Infrastrukturprojekten sieht die Nationalstrassenverordnung vor, dass Kosten und Nutzen zu bewerten sind (Art. 17, Absatz 2 NSV). Dabei ist für generelle Projekte eine Kosten-Nutzen-Analyse zu erstellen (Artikel 11, Absatz 1d NSV). Zur Anwendung kommen hier die sogenannten NISTRA-Indikatoren (Nachhaltigkeits-Indikatoren für STRAsseninfrastrukturprojekte), wobei nicht nur eine Kosten-Nutzen-Anlayse (KNA) zu erstellen ist, sondern auch Kosten-Wirksamkeits-Analysen (KWA) sowie eine Qualitative Analyse (QA). Diese drei Analysen zusammen bilden die Nachhaltigkeitsbeurteilung.

Für die Ermittlung steht seit 2003 ein NISTRA-Tool zur Verfügung, das regelmässig weiterentwickelt wird. Gegenüber der Version von 2010 wurde NISTRA-2017 «deutlich überarbeitet», und mit NISTRA-2022 wurde «NISTRA wieder auf den aktuellsten Stand der Forschung und der Datengrundlagen gebracht» (Handbuch NISTRA 2022). Zum Teil verwendet das ASTRA auch seine «Einheitliche Bewertungsmethodik Nationalstrassen» (EBeN), die bzgl. Indikatoren und Aufteilung in KNA, KWA und QA den NISTRA-Indikatoren sehr ähnlich, aber etwas weniger komplex ist.

Konkret wurden Bericht(e) zu KNA, KWA und QA angefordert resp. – falls die Aussagen aus dem Bewertungstool eNISTRA, das zur Anwendung zu kommen hat – hervorgehen, dieses. KWA und QA hat das ASTRA offenbar mit dem EBeN-Excel-Tool beurteilt. Dieses ist bzgl. den Qualitativen Analysen gleich, hinsichtlich der Kosten-Wirksamkeits-Analyse hat es geringe Unterschiede. Weder das eNISTRA, noch das Excel zur EBeN wurden bisher zur Verfügung gestellt. – 23.11.2024

Auszug Indikatoren Rheintunnel und Hagnau-Augst