Manifest gegen den Rheintunnel

2024-11

Warum es ein NEIN zur Autobahnfinanzierung am 24.11.24 braucht

Das «Manifest gegen den Rheintunnel» nennt verschiedene Argumente, die gegen den Bau des Rheintunnels sprechen und begründet diese jeweils kurz. Weitergehende Erläuterungen bietet eine ergänzenden Präsentation. Damit sollen sich die Lesenden des Manifests ein besseres Bild machen können. Zugleich soll dazu beigetragen werden, die Debatte mit den Erläuterungen zu versachlichen.

Der Rheintunnel ist eines von sechs vom Bundesrat geplanten Autobahn-Ausbauprojekten. Aus verschiedenen Gründen lehne ich das Projekt seit Jahren ab und habe 2022 dargelegt, in welchen Punkten der Rheintunnel klimapolitisch schöngerechnet ist.

Erst in den letzten Wochen vor der Abstimmung kam es auch zu einem fachpolitischen Diskurs – indem sich über 340 Verkehrsplaner*innen gegen den Rheintunnel ausgesprochen haben, wie auch der BSA-FSA (Bund Schweizer Architektinnen und Architekten) mit dem Beitrag «Nicht zeitgemäss».

Die ergänzenden Erläuterungen beziehen sich auf die einzelnen Punkte des Manifestes, um diese zu kontextualisieren resp. zu erklären.

Download

Manifest gegen den Rheintunnel, pdf.
Ergänzende Erläuterungen zum «Manifest gegen den Rheintunnel», pdf.

Rheintunnel Basel und «STEP Nationalstrassen»: klimapolitisch schöngerechnet

2022-05

Methodenkritik an Vernehmlassungsvorlage des ASTRA

Im Rahmen des STEP (Strategisches Entwicklungsprogramm) Nationalstrassen beantragt das ASTRA dem Parlament mit dem «Zahlungsrahmen Nationalstrassen 2024–2027» Mittel für den Autobahnneubau. Dieser wird dabei durch das ASTRA methodisch schöngerechnet. Klimaschadenskosten werden um den Faktor zehn zu tief angesetzt und gegenüber vermeintlich positiven Effekten um ein Vielfaches zu gering gewichtet. Positiv werden Reisezeitgewinne angenommen, die empirisch wie theoretisch jedoch unplausibel sind. Ohne diese Berechnungsannahmen überwiegen die volkswirtschaftlichen Kosten aber die prognostizierten Nutzen. Dies kritisiert KlimaVerantwortungJetzt aus Basel auch am teuersten Projekt des Verfügungskredits, dem Rheintunnel.

Das ASTRA hat bis zum 30.4. interessierte Kreise zur Vernehmlassung der Vorlage zum «Zahlungsrahmen Nationalstrassen 2024–2027» eingeladen. KlimaVerantwortungJetzt kritisiert die Vorlage als grundsätzlich methodisch irreleitend, der „Klimakrise“ nicht angemessen und in der Sache vollkommen unzureichend.

Mit der Vorlage soll dem Parlament unter anderem der Verfügungskredit für den Bau neuer Nationalstrassen ab 2023 beantragt werden, wie z.B. dem Rheintunnel. Zur Beurteilung durch den Nationalrat wird behauptet, dass in den Kosten-Nutzen-Analysen (KNA) und Kosten-Wirksamkeits-Analysen (KWA) der Strassenbau zu einem volkswirtschaftlichen Nutzen führe. Mit der dahinterliegenden Berechnungsmethodik werden die «positiven» Effekte (Nutzen) strukturell schöngerechnet, die Folgekosten hingegen marginalisiert. Darum fordert KlimaVerantwortungJetzt.ch eine Neuberechnung. Im Detail kritisiert KlimaVerantwortungJetzt.ch folgende Punkte (siehe unten verlinkte pdf’s zu Medienmitteilung und ausführliche Kritik):

Die Klimaschadenskosten werden um ca. den Faktor 10 zu gering angenommen. Sie werden nur mit 105.-CHF (plus 3%/a seit 2010) eingestellt, jüngste Studien gehen hingegen von ca. 2’900 CHF (3’000USD) aus. Damit werden die volkswirtschaftlichen Kosten der Klimakrise massiv durch die Bundesbehörden heruntergespielt.

Als klimapolitische Referenz wird die «Langfristige Klimastrategie der Schweiz» herangezogen. Mit dieser werden jedoch die völkerrechtlichen Verpflichtungen des Parisabkommens konterkariert (siehe Berechnungen von klimaverantwortungjetzt). Auch der Vernehmlassungsvorlage fehlt damit eine völkerrechtlich und klimapolitisch belastbare Referenz.

Für die Kosten-Nutzen- sowie Kosten-Wirksamkeits-Analysen werden verschiedene Indikatoren zu einem Wert aggregiert und dazu untereinander gewichtet. «Nutzen» wie Reisezeitgewinne und Zuverlässigkeit gehen zusammen mit 32% ein, Klimaschäden wiegen nur 4%. Damit wird die Dramatik und Dringlichkeit der Klimakrise absolut verkannt und heruntergespielt.

Graue Emissionen des Strassenbaus bleiben methodisch unberücksichtigt. Dies ist gerade bei betonintensiven Tunnelbauten wie dem Rheintunnel komplett aus der Zeit gefallen, da diese Emissionen hoch sind.

Am Beispiel des Rheintunnels wird die Einheit der Materie verletzt. Der Neubau macht von den Kapazitätsverbesserungen nur dann Sinn, wenn zusätzlich zwei weitere Ausbauschritte (Hagnau – Augst – Rheinfelden) realisiert werden, deren Machbarkeit jedoch noch in den Sternen steht (insbesondere im Bereich der Unterfahrung des Rangierbahnhofes Muttenz) und erst später überprüft werden soll und deren Kosten in der jetzigen Aggregation von Kosten (Gesamtkosten von über 3’000Mio CHF) und Nutzen aussen vor bleiben.

Als wichtigster positiver Effekt werden sogenannte «Reisezeitgewinne» monetarisiert. Sie sollen sich einstellen, weil die jeweiligen Streckenabschnitte schneller passiert werden können. Gesamtgesellschaftlich werden jedoch Reisezeitgewinne immer wieder in Verkehrsleistung reinvestiert (Rebound; sekundär induzierter Verkehr), weshalb die tägliche Tagesunterwegszeit der Autofahrenden auch nicht sinkt. Vielmehr werden längere Strecken zurückgelegt. Dies wird methodisch aber nicht abgebildet, wie eine Antwort auf einen Vorstoss im Nationalrat zeigt (Interpellation Töngi, 19.3506). Ohne diesen nur vermeintlich positiven Effekten von Reisezeitgewinnen und Mehrverkehr bestünden aber praktisch keine volkswirtschaftliche Nutzen, womit den Projekten die Basis der Legitimation fehlt.

Nicht nur ist es – global gesehen – gar keine Perspektive, alle Staus der Welt mit noch mehr Strassenbau lösen zu wollen. Diesen Pfad beschreiten wir seit über 50 Jahren, ohne dass die Reisezeiten sinken, wie stets mit den Rechenprognosen behauptet. Vielmehr sollten wir Wege finden, dass die Verkehrsleistung im motorisierten Individualverkehr sinkt. Statt 3’000 Mio CHF (!) in der Region zu vergraben, könnten wir sie VIEL besser für den beschleunigten Umbau unserer Energieinfrastrukturen (beschleunigter Ausbau und Dekarbonisierung Fernwärme, Schwammstadt, etc.) gebrauchen. Die Klimakrise ist JETZT.

Stellungnahme

Stellungnahme KlimaVerantwortungJetzt.ch vom 29.04.2022

Medien

Medienmitteilung KlimaVerantwortungJetzt.ch vom 02.05.2022

Weitere Informationen

Anfrage von klimaverantwortungjetzt beim ARE zu den Effekten des Strassenbaus in Verkehrsprognosemodellen

Kommentar von klimaverantwortungjetzt zur Antwort des Bundesrates auf drei Vorstösse im Nationalrat zu Klima- und Verkehrsthemen, u.a. zur Interpellation Töngi (19.3506) zu den Effekten des Strassenbaus in Verkehrsprognosemodellen

Seite des ASTRA mit den Vernehmlassungsunterlagen zur Weiterentwicklung des Nationalstrassennetzes / «Zahlungsrahmen Nationalstrassen 2024–2027»

Seite des ASTRA mit Nachhaltigkeitsindikatoren (u.a. Handbuch eNISTRA 2017)

Stadtklimakonzept Basel-Stadt greift zu kurz

2021-07

Kritik am heute präsentierten kantonalen Stadtklimakonzept

Das diese Woche vom Regierungsrat Basel-Stadt beschlossene Stadtklimakonzept greift in wesentlichen Punkten zu kurz. Es basiert nur auf einem Prognosezeitraum bis 2030 – obwohl klar ist, dass die Klimaerhitzung danach fortschreitet. Auch fokussiert es viel zu wenig auf zentrale Synergien zwischen Klimaanpassung, Klimaschutz und Klimagerechtigkeit. Damit verpasst es der Kanton, mit dem in Teilen behördenverbindlichen Stadtklimakonzept eine der Handlungsdringlichkeit krisenadäquate Strategie vorzulegen.

KlimaVerantwortungJetzt begrüsst, dass der Kanton Basel-Stadt ein Klimaanpassungskonzept erstellt hat. Doch greift das Konzept in zwei zentralen Punkten zu kurz:

Das Konzept basiert auf einem Prognosehorizont nur bis 2030. Da die Klimaerhitzung jedoch solange fortschreitet, wie die CO2-Emissionen global nicht auf Netto-Null sind, fehlt das Wissen um die tatsächlich bis Mitte oder Ende des Jahrhunderts in Basel zu erwartende Klimaerhitzung. Damit spielt das Konzept die tatsächliche Handlungsdringlichkeit in der (öffentlichen) Wahrnehmung herunter. Alle vorgeschlagenen Massnahmen können somit nur bedingt auf ihre Verhältnismässigkeit geprüft werden. Vor allem für die nun anstehende Phase der Umsetzung des Konzepts und der Abwägung mit anderen Interessen fehlen damit wesentliche Grundlagen. Denn alle Investitionen reichen weit über 2030 hinaus.

Das Stadtklimakonzept weist verschiedene Zielkonflikte und Synergien mit anderen Massnahmen aus. Es lotet aber praktisch keine Synergien zwischen Klimaschutz- und Klimaanpassungsmassnahmen aus. Besonders die Zielkonflikte um den heute für Autos reservierten Raum – ob fahrend oder stehend – werden kaum thematisiert. Dabei lebt bereits heute eine grosse Mehrheit der Basler*innen ohne Auto. Autobefreite Strassen gibt es auch 30 Jahre nach der Bärenfelserstrasse so gut wie keine. Andere Städte, wie Barcelona mit den Superblocks, machen längst vor, wie Stadtumbau auch funktionieren könnte. Ein behördenverbindliches Konzept muss hier mutiger sein und könnte mehr leisten, wenn es Klimaschutz ernst nimmt.

Welche Klimaschutzstrategie mit dem Konzept integral gleich mitverfolgt wird, bleibt leider genauso unklar, wie die Frage, welche Behörde für Klimaschutz im Bereich der Gestaltung des öffentlichen (Strassen-) Raums zuständig ist.

Zudem bleibt methodisch unklar, auf welchem Emissionsszenario die Entwicklung bis 2030 basiert. Insbesondere für spätere Prognosezeiträume ergeben sich hier grosse Differenzen zwischen konsequentem globalem Klimaschutz und ausbleibendem Klimaschutz. Für 2030 wird dabei eine globale Temperaturerhöhung von plus 1,2°C angenommen (S. 16). Bereits 2020 betrug die globale Klimaerhitzung aber 1,2°C. Und auch das Mehrjahresmittel wird bereits deutlich vor 2030 die 1,2°C erreicht haben.

Medien

Medienmitteilung KlimaVerantWortungJetzt.ch vom 09.07.2021

Bundesrat torpediert Parisabkommen

2021-01

Der Bundesrat legt seine «Langfristige Klimastrategie der Schweiz» vor (28.1.2021) und überschiesst das Schweizer CO2-Budget mit kumulierten Emissionen von 1Milliarde t CO2eq bis 2050 bei weitem.

2017 ratifizierte die Schweiz das Klimaabkommen von Paris. Nun legt der Bundesrat eine Langfriststrategie vor, wie die Schweizer Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Netto-Null sinken sollen. Durch dieses viel zu späte Netto-Null-Ziel entzieht er sich nicht nur Gerechtigkeitsüberlegungen im Sinne unserer völkerrechtlichen Verantwortung gemäss Parisabkommen (Art.2 Abs.2). Er schert sich auch nicht um die Obergrenze von max. 1.5°C Temperaturanstieg – und damit nicht um das Wohlergehen zukünftiger Generationen.

[Eine Kritik der bundesrätlichen Klimastrategie mit detaillierten Berechnungsnachweisen in einem Dokument zusammengefasst gibt es hier: „Bundesrat reisst Klimabudget der Schweiz“ (pdf) (Dokument ergänzt im März 2021)]

Zehn strategische Grundsätze sollen handlungsleitend sein, um die Schweiz mit einer Langfriststrategie auf Netto-Null zu bringen (zur Mitteilung des Bundesrates und seiner Strategie hier). Darunter notwendige und richtige – wie die Ausrichtung aller planerischen Aktivitäten in klimarelevanten Bereichen bei Bund und Kantonen auf Netto-Null, der Vorrang der Emissionsminderung im Inland oder die Sozialverträglichkeit aller Massnahmen. Sonst jedoch dominiert die irrige Selbstbehauptung, die Strategie ermögliche es der Schweiz «ihrer Verantwortung im Rahmen der weltweiten Anstrengungen zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad Celsius nachzukommen» (S.6 des Berichts, pdf). Eine solche Behauptung bedürfte zumindest zweier Nachweise – die der Bundesrat aber beide schuldig bleibt.

Einerseits wäre zu zeigen, dass das von der Schweiz mit der dargelegten Strategie beanspruchte CO2-Budget im globalen Budget für max. 1.5°C Temperaturanstieg Platz hat. Andererseits wäre darzulegen, dass die Schweiz ihrer Verantwortung im Rahmen der weltweiten Anstrengungen – und damit auch im Sinne des völkerrechtsverbindlichen Parisabkommens mit der Strategie auch tatsächlich wahr nimmt. Beide Nachweise werden nicht geführt – wohl weil sie mit der Strategie auch gar nicht geführt werden können.

CO2-Budget bei weitem überschossen

In der Strategie wird das für einen maximalen Temperaturanstieg von 1.5°C mögliche CO2-Budget nirgends ausgewiesen. Mit dem IPCC-Sonderbericht zu 1.5°C (SR15, Okt 2018) wird vielmehr pauschal angenommen, 2050 müsse Netto-Null erreicht sein. Dass die Modellierungen des SR15 fast alle sowohl von «overshoot» (Temperaturüberschiessen mit irreparablen Folgen) als auch von erforderlichen Negativemissionen, teils in grossem Stile, ausgehen, wird nicht ausreichend gewürdigt. Nur schon Wirtschaftlichkeitsüberlegungen hätte hier das Modellieren in Szenarien erfordert. Dabei ist anzunehmen, dass ein rascheres Netto-Null durch schnelleren Ausbau erneuerbarer Energieträger nicht nur billiger ist, als späteres Binden von CO2 aus der Atmosphäre; vgl. z.B. Jacobson 2020 (book, chapter), vielmehr gehen auch die meisten klimaökonomischen Annahmen heute davon aus, dass Massnahmen in Klimaschutz weit günstiger sind, als die enormen Folgekosten durch das „Reparieren“ von Klimaschäden durch die Klimakatastrophe. Problematischer wird der allzu kursorische Verweis auf Netto-Null bis 2050 gemäss SR15 dort, wo sich die CO2-Absenkpfade im SR15 gegen 2050 flach der X-Achse annähern (d.h. die Emissionen bereits deutlich vor 2050 stark abgenommen haben), während der Bundesrat von einem zunehmend steileren Abfall um 2050 ausgeht, d.h. im Ergebnis weit höhere kumulierte Emissionen in Kauf nimmt. Sie liegen für die Schweiz von 2020 bis 2050 bei ca. 1’000 Mio t CO2eq. Diese sind aber sehr klar NICHT 1.5°C-kompatibel.

kummulierte-THG-Netto-Emissionen-Strategie2050 BR

Abb.: steiler Abfall vor 2050 – (zu) hohe kumulierte Gesamtemissionen (eigene Darstellung)

Exkurs: Überschlägige Abschätzung zu möglichem CO2-Budget der Schweiz (detaillierter hier)

Vorbemerkung: diese Abschätzung ist eine für die Schweiz günstige (!), sie bezieht insbesondere nicht die historischen Emissionen ein, bei deren Berücksichtigung ab 1990 das Budget der Schweiz schon aufgebraucht ist. Vgl. Beitrag vom Mai 2020.

Zum 1.1.2018 standen global 420GtCO2 zur Verfügung (SR15, Table 2.2, 66%), die um 100GtCO2 (ebd.) für Emissionen aus auftauendem Permafrost und Feuchtgebieten bis Ende diesen Jhs. zu schmälern sind. Von den verbleibenden 320GtCO2 sind – bei globalen Emissionen von gut 40GtCo2/a – zum 1.1.2020 noch ca. 260GtCO2 übrig, oder 260’000MiotCO2; bei einem Bevölkerungsanteil der CH an der Welt von grob 1/1000 stünden der Schweiz gemäss Bevölkerungsproporz damit ca. 260MiotCO2 zur Verfügung; In der Langfrist-Studie werden CO2eq verwendet (d.h. Nicht-CO2-Treibhausgase wie CH4 oder NO2 sind enthalten; CO2 macht in der Schweiz gut 80% der Schweizer CO2eq aus (vgl.: THG-Inventar des BAFU, Direktlink auf Excl des BAFU); Die 977MiotCO2eq – also ca. 782MiotCO2 – sind damit das Dreifache der gemäss Bevölkerungsproporz möglichen 260MiotCO2.

Damit ist aber die Behauptung, die Strategie trüge zur Einhaltung der Obergrenze von 1.5°C bei, nicht nur haltlos, sondern leitet bewusst in die Irre.

Grundsatz der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten missachtet

Nicht nur möchte der Bundesrat das zweieinhalbfache dessen beanspruchen, was der Schweiz gemäss Bevölkerungsproporz «zustünde» (selbst ohne dabei historische wie graue Emissionen zu berücksichtigen), er nimmt damit insbesondere den Grundsatz «der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und jeweiligen Fähigkeiten» (Art. 2 Abs. 2 Parisabkommen) nicht ernst, wonach die Schweiz sinngemäss noch schneller sein müsste, als der Weltschnitt.

Kumulierte Emissionen bis 2050 gemäss Strategie Bundesrat vom 28.01.2021 (eigene Berechnung, pdf)

Medienmitteilung anlässlich der COP26 in Glasgow zur langfristigen Klimastrategie der Schweiz (pdf)

CO2-Budget Schweiz für max. 1,5°C

2020-05

Ermittlung des CO2-Budgets für die Schweiz unter teilweiser Berücksichtigung von historischen Emissionen

Bei der Ermittlung der CO2-Budgets für einzelne Länder spielen verschiedene Aspekte eine Rolle – unter anderem die historischen Emissionen. Werden diese bei der Berechnung des für die Schweiz verbleibenden CO2-Budgets ab 1990 berücksichtigt (Erscheinen des ersten IPCC-Berichts), ist das Budget bereits seit 2019 aufgebraucht.

In der unten verlinkten Berechnung wird das verbleibende CO2-Budget der Schweiz berechnet – für den Fall, die Obergrenze von max. 1,5°C, zu 66% nicht zu überschreiten. Dabei werden die historischen Emissionen ab 1990 berücksichtigt, dem Jahr, in dem der erste Bericht des Weltklimarats erschien. Zudem erfolgt eine Berechnung mit Berücksichtung der historischen Emissionen ab dem Jahr 2010 (Zeitpunkt des Beschlusses an der COP 16 in Cancún zur 2°C-Obergrenze, mit der das extrem knappe Budget quantifizierbar wurde). Mit dem Referenzjahr 2010 reichen die Emissionen für die Obergrenze von max. 1,5°C bis um 2030. Allerdings vorbehältlich dessen, dass die hohen grauen Emissionen der Schweiz, die Emissionen aus dem Fliegen oder des Finanzplatzes Schweiz nicht berücksichtigt sind.

Methodisch baut die Berechnung auf einer Studie aus dem Jahr 2017 von EBP Schweiz AG auf, die vom WWF Schweiz in Auftrag gegeben wurde. Bei der Berechnung wurden die mit dem SpecialReport zu 1,5° (SR15, 2018) gegenüber dem AR5 (2014) angepassten Budgets berücksichtigt.

FAZIT: Um die 1,5°C-Obergrenze mit 66% Wahrscheinlichkeit einzuhalten – auch ohne Negativemissionen –, lebt die Schweiz bei Berücksichtigung ihrer anteiligen historischen Emissionen von 1990-2017 seit April 2019 global auf Pump! Wird ein für die Schweiz wesentlich günstigerer Ansatz gewählt, der die Emissionen zwischen 1990 und 2010 aussen vor lässt, reicht das Budget noch bis 2034 resp. bis 2029 – wohlgemerkt ohne Berücksichtigung ihrer etwa doppelt so hohen grauen Emissionen im Ausland, ohne Flugemissionen, und ohne der Treibhausgaswirksamkeit des Finanzplatzes Schweiz im Ausland.

Mit dem Abkommen von Paris wurde die historische Verantwortung (Art. 4 Abs.1) implizit thematisiert, insofern den Entwicklungsländern gegenüber den industrialisierten Ländern mehr Zeit eingeräumt werden soll. Dies spricht für einen Ansatz, der die hochindustrialisierten Länder historisch auch in die Pflicht nimmt. Vor allem legt dies auch der Grundsatz der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und Fähigkeiten (Art.2 Abs.2) nahe. Dieser Grundsatz wird gerade in Bezug auf das bereits aufgebrauchte oder äussert knappe Restbudget und vor dem Hintergrund des grossen CO2-Rucksacks der Schweiz im Ausland (graue Emissionen) sehr relevant und nimmt die Schweiz in die Pflicht. Nicht nur, dass sie sich vehement dafür einsetzt, ihre Emissionen so rasch als möglich auf (netto-) null zu senken, sondern auch, um andere, vor allem ärmere Staaten bei deren Minderungsbemühungen zu unterstützen.

Download (pdf) 20200510_CO2-Restbudget-Schweiz_as.pdf

Nachtrag 2022: Im März 2022 legte das HEKS eine Studie vor, nach der das Budget der Schweiz im Frühjahr 2022 aufgebraucht war. Ihr liegen leicht unterschiedliche gerechtigkeitstheoretische Überlegungen zu Grunde, wie den Berechnungen oben. Das HEKS liess dabei die Frage, welcher Verteilungsschlüssel des global endlichen Budgets auf einzelne Länder verwendet werden soll, von verschiedenen Vertreter*innen (aus Wissenschaft, Kirche etc.) beurteilen.

Klimapolitik des Bundesrats ist selbstwidersprüchlich

2020-04

2050 netto-null: Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative reicht nicht weit genug

Der Bundesrat hat in seiner Medienmitteilung vom 3.4.2020 mitgeteilt, einen direkten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative auszuarbeiten. Wie die Initiative will er Netto-Null Treibhausgasemissionen bis 2050 erreichen, die Initiative aber in zwei Punkten abschwächen. Mit dem Ziel, die Treibhausgasemissionen der Schweiz erst im Jahr 2050 auf Netto-Null zu senken, wird der Bundesrat jedoch seinem eigenen Anspruch nicht gerecht, nämlich die Klimapolitik der Schweiz an einer globalen Erwärmungsgrenze von 1,5 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit auszurichten.

Die Emissionen, die in der Schweiz aus einem Absenkpfad bis 2050 resultieren, übersteigen jedoch die für die Obergrenze von 1,5°C möglichen Emissionen der Schweiz bei Weitem, sie betragen etwa das Doppelte. Und dies, ohne Berücksichtigung weiterer Gerechtigkeitsüberlegungen gemäss Parisabkommen oder weiterer Budgetschmälerungen (Landveränderungen, graue Emissionen etc.). (Vgl. Abb.1, weitere Details siehe Medienmitteilung)

Emissionen CH bei 2050-Netto-Null

Letztlich impliziert die Strategie des Bundesrates Negativemissionen in grösstem Stil. Der grossflächige Einsatz von Techniken zur Entnahme und Einlagerung von CO2 aus der Atmosphäre wird jedoch von den Akademien der Wissenschaften Schweiz als „kaum möglich beziehungsweise wünschenswert“ erachtet.

Das Netto-Null-Ziel bis 2050 schliesst das Einhalten der Obergrenze von 1,5°C praktisch aus. Der Bundesrat handelt damit selbstwidersprüchlich.

KlimaVerantwortungJetzt ruft daher den Bundesrat und die zuständigen Behörden auf, der Schweizer Bevölkerung reinen Wein einzuschenken. Denn ohne Bewusstsein der tatsächlichen Dringlichkeit ist keine Politik möglich, die dieser Dringlichkeit auch nur annähernd adäquat ist. Corona lässt grüssen.

Weitergehende Informationen in der Medienmitteilung.


Medien

Medienmitteilung KlimaVerantWortungJetzt.ch vom 3.4.2020 (pdf)

Vorträge, Workshops, Keynotes

2020-02

Klima, Stadt & Leitbildkritik…

Wo stehen wir mit dem Klimawandel heute? Mit welchem Problem haben wir es zu tun? Warum kommen wir trotz 30 Jahren Nachhaltigkeit nicht recht vom Fleck? Was gilt’s zu tun?

Wünschen Sie die ein oder andere Antwort auf diese Fragen? Möchten Sie diesen Fragen innerhalb Ihrer Organisation Raum geben, sie diskutieren oder in Workshops Lösungen andenken? Dann können Sie mich gerne anfragen.

Dabei profitieren Sie von meinem Erfahrungsschatz als Hochschuldozent und Co-Studiengangsleiter (MAS Gemeinde-, Stadt- und Regionalentwicklung, HSLU), als Stadtplaner in kommunalen und kantonalen Verwaltungen, als ehem. Präsident der Labelkommission für 2000-Watt-Areale, als Klimaaktivist oder Kritiker von herrschenden Leitbildern (wie z.B. dem der Nachhaltigkeit oder der „Stadt der kurzen Wege“), sowie als Dozent Nachhaltigkeit an der FHNW, Institut Architektur.

Zum Klimawandel halte ich Vorträge vor ganz unterschiedlichem Publikum: vor Lehrpersonen, in Verwaltungen, bei Gewerkschaftsanlässen, in Hochschulseminaren, auf Fachkonferenzen, für die Klimabewegung, oder als Keynotespeaker vor Podien etc. Zum Beispiel:

Klima-Apokalypse: Krise oder Verheissung? Eine radikale Gestaltungsaufgabe. Öffentlicher Vortrag, Hochschule für Gestaltung und Kunst (HGK) Basel-Münchenstein, FHNW, Februar 2020. Aufzeichnung des Vortrags

5 Thesen zur Erderhitzung und unserer Disziplin der Stadtplanung und Raumentwicklung, vorgetragen an der Zentralkonferenz des FSU 2019, KKL Luzern. Redemanuskript mit Quellen (pdf)

Kontakt: axel.schubert (at) klimaverantwortungjetzt.ch

FSU Zentralkonferenz 2019
Zentralkonferenz FSU 2019, Luzern, KKL

eine Übersicht zu Artikeln und Vorträgen von mir findet sich hier.

Winterwanderung für Queerness und ClimateJustice zum WEF

2020-01

Strong in Diversity: Das WEF repräsentiert nicht die Welt! Es ist ein Forum der (Gross-) Konzerne sowie der Merkels, Trumps, Bolsonaros oder Putins dieser Welt – die massgeblich für die Klimakrise verantwortlich sind.

Für die Winterwanderung nach Davos ans WEF recyceln wir unser Transparent von der ZurichPride (siehe Beitrag). Warum?

Weil das WEF das Gegenteil von „Strong in Diversity“ ist. Im Wesentlichen haben nur die Mitgliedsunternehmen – meist die bedeutendsten ihrer Länder oder Branche -, sowie eine ausgewählte Elite von Politiker*innen Zugang zum WEF. Von den Motiven sozialer Bewegungen ist es damit wohl so wenig beseelt, wie kaum eine andere Veranstaltung auf dieser Welt. So wundert es auch nicht, dass der WEF-Anspruch, „den Zustand der Welt zu verbessern“, kläglich gescheitert ist. Auch wenn ein paar NGO’s eingebunden werden: das WEF ist das Gegenteil von „Movements in Solidarity“.

Zudem konterkariert das WEF „Climate Justice“. Will das WEF selbst klimaneutral sein, gibt es seinen Akteur*innen, die mit der grossen Kelle die Klimaerhitzung anheizen, ein Forum für Schönfärberei. Ob Glencore, Shell, BP oder BlackRock. Ob Credit Suisse oder UBS, die beide mit unserm Transpi im Sommer 2019 im Fokus standen. Und nun wieder. Denn beiden ist wirklicher Klimaschutz offensichtlich ziemlich egal.

Dafür müssen schöne Worte her. So preist die Credit Suisse „holistic financial solutions“ an. Zur ihrer ganzheitlichen Realität gehört aber auch, selbst nach dem Parisabkommen noch fast 70Mrd USD in fossile Brennstoffe investiert zu haben. Auch die Klimastrategie der UBS lässt so manches im Dunkeln.

Auch darum: Strike-WEF!

Imperssionen der Winterwanderung, mit Queerness ab 0’45“ (youtube): Power to the People – Strike WEF 2020



Dringlichkeitsleugnung und Verfehlung 1,5°-Ziel durch Bundesrat

2019-10

Unzureichende und mutlose Antworten des Bundesrats auf drei klima- & verkehrspolitische Vorstösse – Ein Kommentar

Im Nationalrat wurden im Frühjahr 2019 u.a. drei Vorstösse eingereicht, mit denen ein Bogen von der bundesrätlichen Klimapolitik zu einer klimapolitisch motivierten Verkehrspolitik aufgespannt werden kann. Diese wurden vom Bundesrat im September beantwortet. Im folgenden Kommentar werden seine Antworten beleuchtet. Aus ihnen geht zusammenfassend hervor:

Der Bundesrat

  • möchte die Klimapolitik der Schweiz am 1,5°-Ziel ausrichten. Dennoch beabsichtigt er nicht, angemessene Konsequenzen aus den Erkenntnissen des 1,5°C-Sonderberichts des IPCC vom Herbst 2018 zu ziehen, der das global extrem knappe CO2-Budget aufgezeigte. Indem der Bundesrat den Budgetansatz ablehnt, macht er sich stattdessen auf einen Budget-Blindflug. Dadurch verschleiert er nicht nur die Dringlichkeit entschiedenen Handelns, sondern auch, dass die Schweiz das 1,5°-Ziel komplett verfehlen wird;
    Vgl. Interpellation 19.3780 (Beat Jans): Umsetzung der Erkenntnisse des jüngsten Klimaberichtes 
  • lässt für den Verkehrssektor – und damit eine der grossen Hürden bisheriger Klimapolitik –völlig im Unklaren, wie er das Wissen um das extrem knappe, verbleibende Schweizer CO2-Budget gemäss des 1,5°C-Sonderberichts entsprechend herunterbrechen möchte;
    Vgl. Motion 19.3472 (Jürg Grossen): Für einen CO2-Absenkpfad im Strassenverkehr
  • … legt bezüglich der von ihm verwendeten, klimapolitischen Entscheidungsgrundlagen für den Strassenbau nicht ausreichend dar, warum diese angemessen (sachlich richtig) sind;
    Vgl. Interpellation 19.3506 (Michael Töngi): Zu positive Beurteilung der Reisezeitgewinne in Kosten-Nutzen-Analysen bei Strassenbauvorhaben?

Download kompletter Kommentar (pdf)

Kantonaler Teilrichtplan Energie Basel-Stadt

2019-09

Teilrichtplan Energie Basel-Stadt: Fehlende Kompatibilität mit dem 1,5°C-Ziel des Paris-Abkommens

Im Rahmen der öffentlichen Vernehmlassung zum kantonalen Teilrichtplan Energie wird von KlimaVerantwortungJetzt kritisiert, dass die kantonale Energieplanung sich weder dem Ziel verpflichtet, die globale Temperaturerhöhung auf 1,5°C zu begrenzen, noch dem (schwächeren) Ziel des Paris-Abkommens (deutlich unter 2°, möglichst 1,5°). Zudem werden etliche energierelevanten Themen (graue Energie, Mobilität, Konsum, Strom etc.) erst gar nicht betrachtet.

Stellungnahme vom 23.9.2019 (pdf)

Fighting for Queerness and ClimateJustice

2019-06

Klimagerechtigkeit trifft Queerness: Demoteilnahme und Rede an der ZurichPride 2019

50 Jahre nach den Repressionen gegen Selbstbestimmung von LGBT*-Menschen in der Christopher Street in New York findet 2019 die ZurichPride unter dem Motto „Strong in Diversity“ statt.

Richtete sich die staatliche/polizeiliche Gewalt damals gegen eine Lebensweise, die mit dem Kleinfamilienidyll des HeteroMainstreams der fordistischen Nachkriegsmoderne nicht vereinbar war, gibt es auch heute Repression, wo sich Menschen gegen die strukturelle Absicherung jener herrschenden Lebensweise einsetzen, die uns in die Klimakrise (schneller Überblick hier) führte und durch die die Klimakrise auch heute noch, Tag für Tag, verschärft wird.

Doch die Klimabewegung scheint im Mainstream der LGBT*-Bewegung noch nicht wirklich angekommen zu sein, obwohl es viele Schnittstellen gäbe. Z.B. bezüglich klimabedingter Migration und rechter Abschottung, aufblühendem Rechtspopulismus /-extremismus, oder einer Kritik am hedonistischen Lebensentwurf allzu vieler LGB-Menschen heute (die sich ihn leisten können) und den dahinterstehenden, individualistisch verkürzten und gesellschaftlich sinnarmen Emanzipationsvorstellungen. LGBT*-Politik ist heute in weiten Teilen eine Single-Issue-Politik. Nur zaghaft und eher selten öffnet sie sich anderen Bewegungen, wie z.B. im Bereich Aysl. Die herrschende, auf Ungerechtigkeitsverhältnissen basierende Lebensweise – von Brand & Wissen als „imperiale Lebensweise“ beschrieben – zu kritisieren, schreibt sie sich jedenfalls nicht auf ihre Fahnen. Sie scheut sich daher auch nicht, Bündnisse mit Unternehmen resp. deren (Schweizer) Financiers einzugehen (z.B. Credite Suisse, UBS), die aktiv zum Erhalt und damit der strukturellen Verteidigung dieser Lebensweise beitragen.

An der ZurichPride waren wir dabei, um diese blinden Flecken ins Bewusstsein zu rufen – und um sie zu ändern – mit dem Motto: Strong in Diversity. Movements in Solidarity. Fighting for Queerness and ClimateJustice

Mehr zum Zusammenhang von LGBT*IQ- und Klimabewegung gibt’s auf unserem Flyer oder im Redemanuskript (Rede von A. Schubert am 15. Juni, 18.30 Uhr auf der Politikbühne des Pride). Die Rede wurde leider nach der Hälfte vom ZurichPride abgebrochen – da die Veranstaltung am Bürkliplatz wegen Unwetters abgesagt werden musste. Ironischerweise fielen gerade dem Unwetter die Forderungen nach einem Klima-Coming-Out in der LGBT*-Bewegung wie nach einem dringend gebotenen Divestment des Prides zum Opfer.

Eindrücke vom Demo-Umzug (Samstag, 15. Juni 2019)

Wir danken den vielen tollen Rückmeldungen, die wir von Euch erhalten haben!



Klimawissen zum Klimanotstand II

2019-05 (aktualisiert 2020-04)

Aktualisiertes Infoblatt zum Klimanotstand – mit Gründen für Netto-Null bis 2030  

Kompaktes Infoblatt mit komprimiertem Klimawissen, für alle eiligen Leser*innen, die sich rasch, aber gut begründet einen Überblick verschaffen möchten, um was es bei Klimakrise und Klimanotstand geht. Auch für Einsteiger*innen! – Vom Treibhauseffekt über (globale) Kipppunkte zu CO2-Budgets und -Absenkpfaden, Carbon Inequality…, mit etlichen online-Quellen.

Mit leichtem Fokus auf die Schweiz, aber auch für Leser*innen in Deutschland und Österreich geeignet 😉 (erstellt für die Klimabewegung Basel), ahs

Download Infoblatt (aktualisierte Version, April 2020; pdf)

Druckversion Infoblatt (bessere Auflösung, keine www-links; pdf)

Eine Variante für die Klimagerechtigkeitsinitiative Basel2030, verlinkt auf deren Webpage (pdf)

und ganz einfach fürs Klima-Infoblatt werben…

verschicke es, verschick den www-link, oder hänge den QR-Code auf folgendem Werbeaushang auf, an Veranstaltungen, am Arbeitsplatz, in Schulen und Klassenzimmern, oder wo immer es Dir und anderen gefällt…!

Download Werbeaushang 1 (A4) (pdf)

Download Werbeaushang 2 (A4) (pdf)

Download Werbeaushang Schulen (A4) (pdf)

Paris-Abkommen: Positionen des ARE bei Richtplanungen & Nationalstrassenbau?

2019-04

Anfrage beim ARE bezüglich Paris-Abkommen, Raumplanung & Mobilität

In unserer Anfrage an das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) fragen wir, welchen Einfluss die völkerrechtsverbindliche Ratifizierung des Paris-Abkommens auf die Vernehmlassungs- und Genehmigungspraxis des ARE bei der kantonalen Richtplanung hat.
Zudem hinterfragen wir die Richtigkeit der Modelle, mit denen Nationalstrassenbau simuliert wird. Denn die Modelle prognostizieren, dass Verkehrsteilnehmer*innen durch Strassenbau im Ergebnis Reisezeit einsparen (Reisezeitgewinne). Empirische Verkehrserhebungen (Mikrozensus Schweiz) kommen aber zu einem anderen Schluss: Die Tagesunterwegszeiten sind über die Jahre praktisch konstant (sie steigen vielmehr ganz leicht). D.h., die Modelle bilden den Verkehr, der entsteht, wenn man die eingesparte Zeit in Verkehr reinvestiert (Rebound-Effekt des sekundär induzierten Verkehrs), nicht wirklichkeitsgetreu ab. Damit sind aber auch die Kosten-Nutzen-Analysen hochfragwürdig, die den politischen Beratungen über den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) zugrunde liegen. Sie bilden Nutzen ab, wo sie sich nicht einstellen und weisen negative Effekte durch Mehrverkehr nicht angemessen aus. Es ist anzunehmen, dass die politische Beratung bei einem negativen Kosten-Nutzen-Verhältnis anders verlaufen würde.

Anfrage KlimaVerantwortungJetzt an das ARE vom 11.04.2019 (pdf)

2019-10

Zur Thematik Klima & Verkehr siehe auch den Kommentar von klimaverantwortungjetzt auf die Antworten des Bundesrats auf 3 Vorstösse im Nationalrat

Paper & Artikel

2020-11

Wieso Leitbilder in der Planung unser nichtnachhaltiges Handeln stabilisieren: einige Texte von Axel H. Schubert

Wir leben in einer Welt, in der seit langem klar ist: ein Weiter-So darf nicht sein! Seit den 1980er Jahren versucht Planung und Politik daher mit Leitbildern etwas entgegenzusetzen. Ob bezüglich Verkehr („Stadt der kurzen Wege“) oder der gesamten gesellschaftlichen Entwicklung („Nachhaltigkeit“); Ab den 90ern kam in der Schweiz das energiepolitische Leitbild der „2000-Watt-Gesellschaft“ hinzu, angesichts des allgemeineren Bewusstwerdens der Klimakrise neu auch „Netto-Null“ – offiziell meist als ein „Netto-Null bis 2050“.

Doch trotz all dieser, die „ökologische“ Krise adressierenden Leitvorstellungen sind in den letzten Jahrzehnten praktisch keine Trendwenden auszumachen. Das Verkehrsaufkommen wächst, die CO2-Emissionen steigen weltweit rasant (seit Rio um weit über 60%), konsumseitig verharren sie in der Schweiz seit 30 Jahren auf gleichbleibend hohem Niveau (weltweit knapp hinter den USA, Kanada oder Australien). Das Auf-der-Stelle-Treten hat auch mit den inneren Widersprüchlichkeiten der Leitbilder zu tun: die in ihrem Rahmen vorgeschlagenen Mittel halten nicht das, was die Leitbilder versprechen. Die Leitbilder haben vielmehr ungerechtfertigten ideologischen Gehalt (siehe: „Gängige Planungsleitbilder als ungerechtfertigte Ideologien“, Berliner Blätter, 2016, pdf) und wirken – in ihrer Funktion als „emotionale Kulturtechnik“emotional beruhigend und darin depolitisierend (siehe: „‚Ökologische Leitbilder‘ als emotionale Kulturtechnik“, Jahrbuch Stadtregion, 2016) (engl. abstract). In der Schweiz rückt als neues, klimapolitisches Leitbild „Netto-Null 2050“ immer mehr in den Fokus (siehe: „Netto-Null: Leitbild oder radikale Gestaltung?“, collage, 2020, pdf). Wo jedoch von Schweizer Politik das Einhalten der 1,5°C-Obergrenze und als geeignetes Mittel „Netto-Null 2050“ zugleich als „pariskompatibel“ behauptet wird, ist auch diese Politik selbstwidersprüchlich. Indem sie beruhigt, wo Beunruhigung rational wäre, entzieht sie – ungerechtfertigterweise – krisenadäquates, radikaleres Handeln der politischen Aufmerksamkeit.

Eine Kritik des gängigen Modells der Nachhaltigkeit ist daher kein Selbstzweck. Sie zielt darauf, das sektorale Dreisäulenmodell oder die ganzheitliche und gleichwertige Integration dreier Dimensionen als Kern der (ungerechtfertigten) Ideologie von Nachhaltigkeit zu beschreiben (Kurzkritik, 1 Seite, pdf). Ein Kern, der nachhaltigkeitstheoretisch als Reaktion auf den gesellschaftlichen Legitimationsverlust verstanden werden kann, den es angesichts dreier virulenter Krisendimensionen ab ca. den 1970er Jahren gab. Historisch (17./18.Jh), wie heute steht die Idee der Nachhaltigkeit für die Sicherung gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse. Ernstgemeint müsste Nachhaltigkeit als emanzipatorisches Konzept – das nach einem System-Change fragt – angeeignet werden.

Auch ist das Leitbild der „Stadt der kurzen Wege“ – das im Rahmen des Diskurses um die „15min-Stadt“ ein gewisses Revival zu erleben scheint – kritisch auf seine Grundannahmen zu hinterfragen. Sollen – bei annähernd konstanten Reisezeitbudgets – ursächlich kurze Wege resultieren, sind die Raumwiderstände zu erhöhen. Diese im Kern modernekritische, doch notwendige Forderung nach Entschleunigung wird realpolitisch in aller Regel aber nicht erhoben. Die Geschwindigkeit wird vielmehr dem politischen Diskurs entzogen (Arch+, 203/2011, „Postfossile Mobilität – die Wege sind langsam und steinig“; pdf).

Planungstheoretisch lege ich Wert auf die Bedeutung von Emotionen als integraler Bestandteil unseren Denkens und Handelns, im Sinne einer gebrochenen, oder „emotionalen Rationalität“. Da Emotionen in Planungstheorien bislang kaum thematisiert wurden, habe ich ihre konzeptionelle, planungstheoretische Berücksichtigung vorgeschlagen:

Emotionale Rationalität und Planung: Planungsansätze einer ‚3. Generation‘. Oder: Zum depolitisierenden Potenzial von Vertrauensbildung und Selbstversicherung. Suburban, Bd. 2 Nr. 1 (2014)

Diesbezüglich dämpfe ich Erwartungen an Planung als politische Praxis – zeige zugleich auf, welche Elemente eine politischere Praxis umfassen könnte:

Planung als politische Praxis? Zum emotionalen Risikomanagement praktischen Verhaltens. Suburban,  Bd. 5 Nr. 1/2 (2017)

Bezüglich des Theoretisierens über Planung begründe ich das notwendig normativ-strategische Moment:

Kann gute Planungstheorie wirklich spannend sein. Zum unbequemen Einfangen der Praxis durch Planungstheorie. PLANERIN, 5/16

Dabei strapaziert dieses normative Moment auch Planungspraxis, die sich als eine rechtsstaatliche verstanden wissen will, sehr wesentlich. Denn Rechtsstaatlichkeit verpflichtet aufgrund ihres transzendentalen Fundaments Handeln sehr weitreichend – auch oder gerade wenn die herrschenden Institutionen dies (noch) nicht zum Ausdruck bringen. Der Artikel beleuchtet die sich bzgl. Fragen der Partizipation und Emanzipation ergebenden Spannungsfelder (rechtsstaatlichen) Handelns:

Planen vor der Herausforderung gelingender Partizipation, Rechtsstaatlichkeit und Emanzipation. In: Oehler et al (Hg) (2017): Emanzipation, Soziale Arbeit und Stadtentwicklung.

Eine Übersicht zu weiteren Artikeln und Vorträgen findet sich hier.